Samstag, 26. Dezember 2009


JOHANN FLORIAN ELSSLER

Haydns treuer Diener




Der Name der Tänzerin Fanny Elßler wurde zur Legende. Vergessen ist ihr Vater Johann Elßler. Sein Leben lang stand er dem Komponisten Joseph Haydn ergeben zur Seite.

Haydn in Eisenstadt

Joseph Haydn nahm 1761 unter Fürst Paul Anton Esterházy seine Tätigkeit als Kapellmeister in Eisenstadt auf, und war es in den Jahren nach 1762 unter der neuen Regentschaft des jüngeren Bruders Nicolaus I. geblieben. Haydns Kontrakt mit dem Fürstenhaus verpflichtete ihn, sich angemessen zu verhalten und zu kleiden, ferner ein Beispiel für seine ihm untergeordneten Musiker zu sein, und Musik auf Verlangen des Fürsten zu komponieren. Haydns weitere Aufgaben reichten von der Pflege der Instrumente und der Archivierung des Notenmaterials bis zum Unterrichten der Fürstenkinder.

Persönlicher Kammerdiener

1764 verschlug es den aus Schlesien stammenden Musiker Joseph Elßler auf der Suche nach Arbeit nach Eisenstadt. Da Elßler es verstand, Noten klar und genau zu Papier zu bringen, wurde er Haydn als Notenkopist zugeteilt; zudem wurde er zum persönlichen Kammerdiener des Komponisten ernannt. Man verstand sich gut und Haydn war Trauzeuge, als Joseph Elßler 1766 die Eisenstädterin Eva Maria Köstler zur Frau nahm. Da Haydn mit seiner Frau Aloysia keine Kinder hatte, übernahm er 1769 mit Freude die Patenschaft des zweiten Sohns Johann Florian, dessen Tochter viele Jahre später als Fanny Elßler berühmt wurde.

Umzug nach Wien

Nach dem Tod des Vaters Joseph 1782 übernahm die Arbeit als Haydns Kopist und Diener zwei Jahre später der fünfzehnjährige Sohn Johann. 1800 heiratete Johann Elßler die Wienerin Resi, deren Brüder in Haydns Orchester das Waldhorn spielten. Die Verehrung, die Johann seinem Vorgesetzten entgegenbrachte, zeigte sich auch darin, dass der erstgeborene Sohn den Vornamen Joseph erhielt. Nachdem Haydn 1803 den fürstlichen Dienst quittiert hatte und in den Ruhestand gegangen war, bezog er im Wiener Vorort Gumpendorf ein Haus in der Unteren Steingasse, heute Haydngasse 19. Das Ehepaar Elßler lebte mit seinen Kindern, dem erstgeborenen Joseph war der Sohn Johann nachgefolgt, nur ein paar Gassen weiter. Der 72-jährige Komponist beauftragte seinen treuen Mitarbeiter Johann mit der Erstellung eines ersten Werkverzeichnisses.

Tagesabläufe

In einer undatierten Handschrift hat Johann Elßler die Lebensgewohnheiten des alternden Komponisten beschrieben: „Die erste Beschäftigung war das Rasieren, welches er bis in sein 73.stes Jahr selbst verrichtete. Punkt 8 musste das Frühstück auf dem Tische stehen und gleich nach dem Frühstück setzte sich Haydn zum Klavier und fantasierte, entwarf nebenbei gleich die Skizze zur Komposition. Um halb 12 wurden Visiten angenommen; oder es erfolgte ein Spaziergang. Von 2 bis 3 Uhr war die bestimmte Zeit, zu Mittag zu speisen. Nach Tisch ging er in seine Bibliothek und nahm ein Buch zum Lesen. Um 4 Uhr ging Haydn wieder an die musikalische Beschäftigung. Die Zeit um 10 Uhr abends war zum Nachtessen bestimmt, welches in Brot und Wein bestand. Haydn hatte sich ein Gesetz daraus gemacht, abends nichts anderes als Brot und Wein zu genießen, welches er nur dann und wann übertrat, wenn er irgendwo zum Nachtessen eingeladen war. Bei Tische liebte Haydn eine muntere Unterhaltung.“ Der Malerfreund C. A. Dies berichtete, dass der schwächer werdende Haydn sich an den Spielen der beiden Elßler-Söhne erfreute und „bei deren Scherzen er seinen traurigen Zustand vergisst.“

Papa Haydn

Johann Elßler und seine Frau pflegten den Komponisten in seinen letzten Lebenstagen. Joseph Haydn starb am 31. Mai 1809. Einen Monat später schrieb Johann Elßler in einem Brief an den Diplomaten Georg August Griesinger rückblickend: „Unser guter Papa wurde immer schwächer und ruhiger, 4 Stunden vor dem Hinscheiden hat unser guter Papa noch gesprochen, dann haben wir keinen Laut mehr gehört. Und den 31. Mai früh morgens fünf Minuten vor ein Viertel auf ein Uhr entschlief unser guter Papa selig und sanft; beim Hinscheiden war niemand als wir Dienstleute…Ich bin nun bei meinem Weib und Kindern zu Hause und bringe mich indessen so gut wie möglich bei den Zeitumständen fort. Gott helfe uns nur bald aus der traurigen Lage. Der dankschuldigste Johann Elßler, Kopist und Diener des Seligen Herrn v. Haydn.“ Als letzten Liebesbeweis nahm Johann Elßler dem Komponisten die Totenmaske ab.

Eine berühmte Tochter

Das Leben ging für Johann Elßler weiter. Es war für ihn ein Trost, als nur ein Jahr später am 23. Juni 1810 seine Tochter Fanny das Licht der Welt erblickte. Fanny Elßler wurde die bekannteste Tänzerin des Biedermeier. In ihren ausdrucksvollen Darbietungen vereinte sie tänzerische Anmut und Grazie mit einer ausgefeilten Technik. Johann Elßler konnte den Aufstieg seiner Tochter zum europäischen Bühnenstar noch erleben. Als er 1843 in Wien starb, gastierte Fanny in Berlin. Sie sagte die folgenden Auftritte ab, holte ein schwarzes Kleid aus dem Schrank, „das ist das einzige, was ich für meinen Vater noch tun kann“, schrieb sie an ihre Schwester.

Elßler als Operettenfigur

Nachdem sie nach Wien zurückgekehrt war, notierte der Kritiker Ferdinand Schmitt über die Tänzerin begeistert: „In einem rosaseidenen, mit breiten, schwarzen Spitzenvolants besetzten spanischen Rock tritt sie auf. Wie sie sich windet, wie sie sich biegt! Welches Feuer! Welche Wonne! Welche Glut!“ Da lag es nahe, dieser berühmten Künstlerin eine Operette zu widmen. 1934 wurde in Berlin „Die Tänzerin Fanny Elßler“ uraufgeführt. Die Bearbeiter Hans Adler und Oskar Stalla hatten Melodien aus dem musikalischen Nachlass von Johann Strauß Sohn bearbeitet und mit Texten versehen. In dieser Operette tritt auch der Musiker Johann Elßler auf und singt das Lied „Ich spiel mein Stückel, mach nicht viel Worte, einmal piano, dann wieder forte“. Der Vater will seine Tochter mit einem reichen Mann verheiraten, doch Fanny entscheidet sich im Finale für ihre Kunst. Bevor sie von Wien zu einem Gastspiel nach Paris aufbricht, verbringt sie mit ihrem Vater einen Abend beim Heurigen, denn „draußen in Sievering blüht schon der Flieder…duftet im Mondenschein, zieht sich ins Herz hinein…Merkst du’s? Spürst du’s? Hast du’s g’sehn…?“