Im New Yorker Casino Theater stand am
Schenkt man sich Rosen in New York
Die beschwingte Inszenierung, in der die legendäre Diva Marie Tempest als Vogelhändler Adam in einer Hosenrolle die Bühne betrat, stand ab dem
Unterricht bei Simon Sechter
Der Geburtsort des Komponisten war das niederösterreichische Städtchen St. Peter in der Au, in dem ein Carl-Zeller-Museum mit vielen Exponaten den Lebensweg von Zeller nachzeichnet, der als Sohn des Wund- und Geburtsarztes Johann Zeller und seiner Frau Elisabeth am 19. Juni 1842 geboren wurde. Schon während er die Landschule besuchte, wurde der dortige Schulmeister und Organist Johann Brandstätter auf das musikalische Talent des Knaben aufmerksam, der nicht nur über ein absolutes Gehör verfügte, sondern auch eine schöne Sopranstimme besaß. Zur Absolvierung seiner Mittelschulstudien kam Zeller zunächst als Freistipendiat an das Löwenburg’sche Konvikt nach Wien und wurde in den Chor der k.u.k.-Hofkapell-Sängerknaben aufgenommen. Zur Vollendung seiner Gymnasialstudien ging er im Alter von 17 Jahren nach Stift Melk, wo er die Reifeprüfung mit Auszeichnung bestand. Obwohl er in Wien vom Hoforganisten Simon Sechter Unterricht in Komposition erhielt, der auch Anton Bruckner unterrichtete, begann Zeller ein Studium der Rechtswissenschaft.
Im Staatsdienst
Nach seiner Promotion zum Dr. jur. war er an verschiedenen Gerichtshöfen tätig, bis er 1873 im Alter von 31 Jahren als k.u.k.-Ministerialkonzipist in das österreichische Ministerium für Kultus und Unterricht berufen wurde. Dort stieg er während seiner langjährigen Laufbahn bis zum Ministerialrat auf und wurde zum Vorsitzenden des Kunstreferats berufen. Zeller, der seinen Status als Staatsbeamter zeit seines Lebens aber nie aufgab, komponierte ausschließlich in seiner Freizeit. Seine ersten Werke waren Männerchöre für Wiener Gesangsvereine, darunter das Liederspiel für Soli, Männerchor und Klavier Szenen vom Kölnischen Narrenfeste. 1876 fand die Uraufführung der komischen Oper Joconde im Theater an der Wien statt. Die Operette Die Fornarina, in München 1879 erstmals gespielt, fand dagegen nicht den Weg nach Wien, und die Umarbeitung der in Wien 1880 uraufgeführten Operette Die Carbonari fand erst in Berlin 1881 unter dem Titel Capitän Nicol Anklang. Sie wurde als erstes Bühnenwerk von Zeller 1891 als Gastspiel der Geistinger-Bühnen sogar in New York gezeigt. Das in Wien 1876 uraufgeführte Singspiel Der Vagabund wurde dagegen nach nur 37 Aufführungen sogleich wieder abgesetzt.
Harmlosigkeiten
Erst die Uraufführung der bis in unsere Zeit populär gebliebenen Operette Der Vogelhändler brachte Zeller 1891 einen Sensationserfolg, zu dem neben der volkstümlich-sentimentalen Musik und dem gefälligen Textbuch die Darstellung durch die besten Wiener Operettenkräfte erheblich beitrug. Als Adam glänzte der damals vom Wiener Publikum vergötterte Alexander Girardi, die Kurfürstin wurde von der gefeierten Sängerin Ottilie Collin gesungen, und als Christel von der Post trat der beliebte Star Ilka von Palmay auf, die diese Rolle auch 1895 in London spielte. Das Wiener Fremdenblatt schrieb nach der Weltpremiere der Operette Der Vogelhändler im Theater an der Wien: „Eine harmlose und lustige Liebesverwicklung am Hofe eines Serenissimus. Ein heiterer, redlicher Humor stellt sich stets zur rechten Zeit ein; eine ebenso graziöse Musik schlingt sich harmonisch um den lustspielartigen Text. Wahrhaft eine Operette.“
Die Christel von der Post
Zellers Welterfolg Der Vogelhändler ist mehr als andere zeitgenössische Operetten am Volkstümlichen orientiert, und zwar sowohl in der Gestaltung vieler eingängiger Liednummern als auch in der Figurenzeichnung. Im Vordergrund steht eine ländliche Idylle. Burleske und Parodie, die seit den Werken Offenbachs das Genre bestimmten und sich ebenso in dem satirisch gezeichneten Personal der Fledermaus von Johann Strauß (1874) fanden, wurden durch Melancholie und Gefühlsseligkeit ersetzt. Zeller und seine Librettisten Moritz West und Ludwig Held entwarfen ein Gegenbild zu einer höfischen Welt, welche die meisten Operetten von Strauß, Millöcker und Suppé zelebrierten. Zellers Textdichter fanden ihre Vorbilder in Volksstücken von Ferdinand Raimund und Ludwig Anzengruber, die ein großes Publikum hatten. Die Schilderung einer heiteren Welt auf dem Lande, in der einfache Menschen sich den Intrigen und Machenschaften der adligen Oberschicht erfolgreich widersetzen, gehörte zum Erfolgskanon des Vogelhändlers. Auch das klassische Besetzungsschema mit dem ‚ersten‘ Paar der höheren und dem ‚zweiten‘ Paar der niederen Sozialschicht wurde durchbrochen. Da der Kurfürst im ganzen Spiel niemals an die Seite der Kurfürstin tritt, blieb das hohe Paar unvollständig. Die Handlung fokussierte sich daher nicht auf zwei Hauptrollen von adliger Herkunft, sondern auf den Vogelhändler Adam und die Postangestellte Christel, die unter großen Schwierigkeiten versuchen, sich eine bürgerliche Existenz zu sichern. Im Gegensatz zu vielen anderen Operetten besetzte der Chor eine Hauptrolle. Fast das ganze Geschehen spielt sich in der Öffentlichkeit der Pfälzer Bauern und der Hofleute ab. Er tritt als eigenständige Gruppe auf, kommentiert die Gefühle der handelnden Personen oder ironisiert augenzwinkernd das Geschehen.
Kinofassungen
Eine ganze Reihe von Musiknummern erreichte die Popularität von Volksliedern, darunter das Ensemble Schenkt man sich Rosen in Tirol und das Couplet Ich bin die Christel von der Post wie auch die sentimentale Arie Als geblüht der Kirschenbaum und das volkstümliche Lied Wie mein Ahnerl zwanzig Jahr’. Die ländliche Idylle, die im Vogelhändler heraufbeschworen wurde, führte zum Genre der „Trachtenoperette“. In Leo Falls Der fidele Bauer (1907), Léon Jessels Schwarzwaldmädel (1917), Ralph Benatzkys Im weißen Rößl (1930) und Fred Raymonds Saison in Salzburg (1938) wurde einem großstädtischen Publikum eine heile und idyllische Bergwelt gezeigt, die ebenso beschaulich wie überschaubar ist. Und Der Vogelhändler eroberte sich auch die Leinwand: 1935 übernahmen Wolf-Albach Retty und Lil Dagover, 1940 Johannes Heesters und Marte Harell, 1953 Gerhard Riedmann und Ilse Werner, und 1962 Albert Ruprecht und Conny Froeboes die Hauptrollen im Kino.
Ein folgenschwerer Unfall
Das Leben von Carl Zeller, der Anna Maria Schwetz geheiratet hatte und die ihm zwei Söhne schenkte, war arm an äußerem Glanz. Zeller stand wie seine komponierenden Wiener Zeitgenossen Karl Millöcker, Franz von Suppé und vor allem Johann Strauß nie im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Geschehens der Donaumetropole. Als österreichischer Beamter durfte er sich nach den Uraufführungen zudem nicht im Kreis der Künstler auf der Bühne verbeugen. Eine Mitteilung des auf seine Würde bedachten k.u.k.-Ministeriums für Kultus und Unterricht hielt es für angebracht, ihm schriftlich anzuzeigen, „es wäre wohl natürlich, daß mit Rücksicht auf seine Eigenschaft als Staatsbeamter der Herr Dr. Zeller nicht auf der Bühne erscheinen könne.“ Stattdessen nahm Zeller den Beifall von einer Ehrenloge entgegen. Doch Zellers Ruf als einer der führenden Wiener Operettenkomponisten war so groß, dass ihm in seiner doppelten Eignung als Kulturbeamter und Komponist sogar die Direktion des Hoftheaters angeboten wurde, was er aber ablehnte. Die letzten Lebensjahre waren von Krankheiten überschattet. Zeller zog sich durch einen unglücklichen Sturz auf dem Glatteis eine Rückenmarksverletzung zu, die ihn schließlich an Händen und Füßen lähmte; hinzu kam eine Gedächtnisschwäche. Doch nicht genug der Tragödie: Als Zeuge in einem schwierigen Erbschaftsprozess verwickelte er sich in Widersprüche und wurde wegen eines angeblich doppelten Meineids zu einer einjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Bevor das beschämende Urteil in einer Revision aber wieder aufgehoben wurde, war Zeller völlig gelähmt am 17. August 1898 in Baden bei Wien gestorben. Seine letzte Ruhe fand er auf dem Wiener Zentralfriedhof.
Abgesang
Das letzte vollständig komponierte Werk von Zeller war die 1894 uraufgeführte Operette Der Obersteiger, in der Zeller mit der Arie Sei nicht bös eine seiner beliebtesten Melodien gelang. Nach Zellers Tod wurde aus unveröffentlichten Skizzen für neue Werke vom Kapellmeister Joseph Brandl eine Operette zusammengestellt, die als Der Kellermeister zum ersten Mal in Wien 1901 posthum uraufgeführt wurde. Damit fand Zellers Schaffen einen liebenswerten Ausklang.