Freitag, 1. Februar 2013


Zwei Oscars für Oklahoma!




Die Leinwandadaption von Oklahoma! war 1955 der erste Film, der in Todd-AO gedreht wurde. Als Breitwanddarbietung im Stereo-Sound brachte das Format dem Kinobesuch eine neue Qualität. Am Anfang des Trailers zur Kinoversion des Musicals Oklahoma! reitet ein Cowboy auf einem Pferd vor einem stahlblauen Himmel durch ein Maisfeld und singt „There’s a bright golden haze on the meadow”. Der Filmausschnitt wird mit einem Werbetext überlegt: „The motion picture straight from the heart of the people…OKLAHOMA!” Der dreiminütige Trailer, mit dem die Produzenten die Zuschauer zu einem Besuch der Verfilmung animieren wollten, zeigt weitere Sequenzen aus Oklahoma!, mit denen ein „atemberaubendes Kinoerlebnis“ in Aussicht gestellt wird. Atemberaubend bezog sich weniger auf die bekannten Songs von Richard Rodgers, die seit der Uraufführung der Bühnenversion in Amerika zu Evergreens geworden waren, als vielmehr auf die technische Umsetzung. Oklahoma! wurde in Todd-AO gedreht, ein neues Kinoformat, das der Filmproduzent Michael Todd zusammen mit der American Optical Company entwickelt hatte. Das Todd-AO-Verfahren nutzte eine Leinwand mit Abmessungen von 17 m × 7 m. Verwendet wurde ein 70-mm-Film, dessen Projektion auf eine leicht gewölbte Großbildleinwand mehr als dreimal so viel Fläche im Gegensatz zum Normalbild und somit mehr Detailreichtum bot. Die Landschaft und die in ihr agierenden Schauspieler wirkten plastischer als in einer Projektion auf eine flache und kleinere Leinwand; aus Lautsprechern, die im Kinosaal verteilt waren, erklang die Musik zu Oklahoma! in Stereo, was den Kinobesuch zusätzlich aufwertete.

Das Pantoffelkino als Rivale

Die Entwicklung des neuen Formats war die Antwort der amerikanischen Filmindustrie auf die Konkurrenz durch das Fernsehen. Bereits 1951 gab es in den USA zehn Millionen Fernsehzuschauer, 1955 stand in jedem zweiten US-Haushalt ein Fernsehapparat. Das bewirkte, dass die Besucherzahlen in den Kinos drastisch zurückgingen. Um wieder mehr Publikum in die Filmtheater zu locken, mussten die Lichtspielhäuser mit einer attraktiven Bild- und Tonqualität punkten. Die in leuchtenden Farben gedrehte Verfilmung von Oklahoma! sollte nicht nur dem Todd-AO-Verfahren zum Durchbruch verhelfen, auch der Eintrittskartenverkauf sollte dadurch angekurbelt werden. Die Rechnung ging auf! Das auf einer groß dimensionierten Leinwand gezeigte Wild-West-Musical galt gemessen an den Zuschauerzahlen als die bislang erfolgreichste Kinoadaption einer Broadwayshow in den Vereinigten Staaten, das neue Kinoformat Todd-AO im Verbund mit einem Mehrkanal-Stereoton begann seinen Siegeszug durch die Lichtspielhäuser.

James Dean oder Paul Newman?

Die Filmrechte vergaben Richard Rodgers und Oscar Hammerstein an die Firma „Magna Theatre Corporation“ mit der Vertragsklausel, dass nur Songs aus der originalen Bühnenversion in der Verfilmung verwendet werden durften; Musik anderer Komponisten hinzuzufügen, ein in Hollywood bei Musicalverfilmungen übliche Vorgehensweise, war nicht erlaubt. Wie bei der Uraufführung der Bühnenfassung studierte Agnes de Mille die Tänze ein, auch die Originalinstrumentierung von Robert Russel Bennett wurde für den Soundtrack übernommen. Regie führte Fred Zinnemann, dessen Filme Zwölf Uhr mittags und Verdammt in alle Ewigkeit mehrere Oscars erhalten hatten. Um die Hauptrolle des Cowboys Curly bewarben sich die Schauspieler James Dean und Paul Newman. Den Vertrag bekam Gordon MacRae, da er Erfahrung als Musicaldarsteller am Broadway hatte und singen konnte. Die Rolle der Laurey übernahm Shirley Jones, die in den Uraufführungen der Rodgers & Hammerstein-Musicals South Pacific und Me and Juliet mitgewirkt hatte, und in Oklahoma! ihr Leinwanddebüt gab. Rod Steiger als Jud und Charlotte Greenwood als Aunt Eller komplettierten die Besetzung.

Oklahoma liegt in Arizona

Die Außenaufnahmen fanden nicht auf dem Territorium von Oklahoma statt, weil dort inzwischen zu viele Ölfördertürme die Landschaft des Bundesstaats verschandelten, die es zur Zeit der Handlung kurz nach der Jahrhundertwende noch nicht gegeben hatte. Stattdessen wurde im Bundesland Arizona gedreht; die Innenaufnahmen entstanden in den MGM-Studios in Los Angeles. Oklahoma! gewann 1956 zwei Academy Awards in den Kategorien „Sound Recording“ und „Scoring of a Musical Picture”. Im Jahr 2007 wurde die Musicalverfilmung vom Filminstitut der Library of Congress in den Katalog der wichtigsten amerikanischen Filme aufgenommen und mit dem Vermerk versehen: „Kulturell, historisch und ästhetisch bedeutsam“.