Freitag, 1. Februar 2013


 Charme und Temperament



Die Sängerin und Schauspielerin Lizzi Waldmüller erlebte zwei Karrieren. 1932 gehörte sie zum Ensemble der Uraufführung von Eduard Künnekes Operette Glückliche Reise, wenige Jahre später stieg sie in die erste Garde der Filmschauspielerinnen auf.

Aus der Provinz nach Wien

Geboren wurde sie 1904 in Knittelfeld in der Steiermark als Felicitas Caroline Waldmüller in eine Künstlerfamilie. Ihr Vater war Direktor eines Wandertheaters, die Mutter Schauspielerin. Die kleine Lizzi, wie ihre Eltern sie riefen, übernahm Kinderrollen. Ihre Gesangs- und Schauspielausbildung erhielt sie in Innsbruck, 1926 debütierte sie am dortigen Stadttheater. Es folgten Engagements in Graz und am Theater an der Wien, doch ihre Karriere kam erst in Schwung, als sie 1930 mit 26 Jahren am Berliner Metropol-Theater in der Premiere von Paul Abrahams Operette Viktoria und ihr Husar auftrat. Ein Kritiker verglich ihre kapriziöse Gesangsstimme mit der damaligen Operetten-Primadonna Fritzi Massary, er meinte, dass Lizzi Waldmüller dieser sängerisch sogar schon überlegen sei. Rollenangebote gab es reichlich: Als rassige Tänzerin Mercedes stand sie in der Uraufführung von Franz Lehárs Operette Schön ist die Welt mit Richard Tauber auf der Bühne, Ralph Benatzky engagierte sie für die Weltpremiere seiner Operette Zur Gold’nen Liebe. 1931 gab sie ihr Leinwanddebüt in der Komödie Die spanische Fliege.

Lizzi geht zum Tanztee

In der Berliner Uraufführung von Eduard Künnekes Operette Glückliche Reise war Lizzi Waldmüller als Monika Brink besetzt. Sie kreierte das Lied „Nacht muss es sein, wenn man sein Herz verschenkt“; gemeinsam mit ihrem Bühnenpartner Ernst Verebes sang sie erstmals das Duett „Jede Frau geht so gerne mal zum Tanztee“. Während der Proben zur Uraufführung von Ralph Benatzkys Operette Bezauberndes Fräulein lernte sie 1933 in Wien den Schauspieler Max Hansen kennen, ein gebürtiger Däne mit jüdischen Vorfahren. Es entwickelte sich eine leidenschaftliche Beziehung, die weder von der Kirche noch vom Staat legitimiert war. Sabine Maria Kauer wies 2009 in einem biografischen Aufsatz über Max Hansen darauf hin, dass es kein offizielles Dokument und keinen öffentlichen Bescheid zu ihrer Heirat gibt. In den Dreißigerjahren wäre es aber zum Skandal gekommen, hätte die Öffentlichkeit von einer solchen wilden Ehe erfahren. Vermutlich verbreiteten deshalb Lizzi Waldmüller und Max Hansen das Gerücht einer Eheschließung, das sich bis heute hält. 1938 folgte die Trennung. Max Hansen emigrierte nach Schweden, Lizzi Waldmüller blieb in Wien.

Walzer mit Johannes Heesters

Im Gegensatz zu ihrer Bühnenkarriere entwickelte sich ihre Filmlaufbahn nur langsam und zunächst ohne nennenswerte Erfolge. Den Durchbruch zum Leinwandstar verdankte sie Willi Forst. Er gab ihr 1939 in Bel Ami die Rolle der Pariser Tänzerin Rachel. In einer Revueszene sang Lizzi Waldmüller einen Schlager von Theo Mackeben, der zum Evergreen wurde: „Du hast Glück bei den Frau’n, Bel Ami“. Die UFA legte sie auf den Rollentypus der mondänen Dame mit einem Hauch von Koketterie fest. 1941 drehte sie gemeinsam mit Theo Lingen den Operettenfilm Frau Luna, 1943 war Johannes Heesters ihr Partner in Es lebe die Liebe.

Ein viel zu früher Tod

Ihr Leben endete im Alter von nur 41 Jahren tragisch. Ihre Kollegin, die Operettensängerin Gretl Schörg, war am 8. April 1945, nur einen Monat vor Kriegsende, zum Kaffee eingeladen. In ihren Memoiren schrieb sie über die letzten Stunden der Schauspielerin: „Sie wohnte in Wien im ersten Bezirk in einem Haus am Stephansplatz. Eines Tages tobte wieder ein Angriff und Lizzi Waldmüller ging mit ihren Besuchern in den Luftschutzkeller. Nach einiger Zeit sagte sie während einer Ruhepause zu ihren Gästen: ‚Ach, Kinder, es scheint jetzt erst einmal wieder ruhig zu sein. Wisst Ihr was? Ich gehe jetzt nach oben und mache uns einen guten Kaffee.’ Als sie auf dem Rückweg in den Bunker mit der Kaffeekanne in der Hand über den Hof ging, traf sie ein Geschoss.“
Ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof in Hadersdorf. Zum Gedenken an eine große Künstlerin nahm die Stadt Wien in den Fünfzigerjahren die Ruhestätte von Lizzi Waldmüller in die Liste der ehrenhalb gewidmeten Gräber auf.